Wie imitiert man ein Schneestapfen? Nicht nur diese Frage stellten sich die Schüler der 5a der Theodor-Heuss-Realschule Hockenheim bei ihrem jüngsten Projekt in Bildende Kunst – bei dem es am Ende aber gar nicht um das Malen eines Bildes ging. Aber der Reihe nach.
Stapfende Schritte durch Schnee, Eis und Kälte, Feuergeprassel und eine Rückkehr voller Sorgen, dafür ohne Beute – es ist keine fröhliche Stimmung der Jäger bei einem der bekanntesten Bildwerke der europäischen Kunst: „Die Jäger im Schnee“ (Hier geht es zum Gemälde), gemalt von Pieter Bruegel dem Älteren um das Jahr 1565.
ZUM HÖRSPIELPROJEKT DER 5A (HEUSSLAB-KANAL YOUTUBE)
Es zeigt die Rückkunft der Jägersleut in einer erdachten, schneeverschneiten Landschaft, in der es so kalt ist, dass sich das Mühlrad der örtlichen Mühle vereist hinter Eiszapfen nicht mal mehr einen Millimeter dreht und im Mittelgrund Menschen auf einem tiefgefrorenem Weiher allerhand Eissportarten betreiben. Auf den Ästen der Bäume im Vordergrund warten schon die Raben… auf was wohl?
Und dieses Bild, das vor ein paar Wochen auch vor dem Hintergrund der aktuellen Wintertemperatur und dem Schneekleid ziemlich gut passte, war der Fokus eines gemeinsamen Klassenprojekts. Die meisten ehemaligen Schülerinnen und Schüler – und das sind wir ja dann doch eigentlich alle – kennen die klassische Bildbeschreibung: „im Vordergrund ist… im Hintergrund befindet sich… dieses Symbol könnte bedeuten, dass…“ – Diese Bildbeschreibung, nein, eher „Bildprojekt“ der 5a ist etwas anderes. „Am Ende unseres Projekts soll als Produkt ein kurzes Hörspiel stehen, das sich aus einem Schaffensprozess der Kinder entwickelt hat. Bei der kreativen Form der Bildbetrachtung geht es vor allem um die möglichen Geschichtchen hinter, bzw. im Bild. Diese wollen wir erleben, wir wollen sie hören“, sagt Robin Pitsch, Klassenlehrer der 5a, der auch Deutsch und Bildende Kunst in seiner Klasse unterrichtet.
Nach einem genauen An- und Hinschauen, Entdecken und (ganz wichtig!) Austausch im Klassengespräch nehmen sich die Schülerinnen und Schüler verschiedene Teilszenen des großen Bildes, das im Original im kunsthistorischen Museum in Wien hängt, in Gruppen vor und entwickeln Dialoge zwischen sichtbaren und unsichtbaren Figuren. Hierbei entstehen verschiedene Geschichten, mal solche, die mit der ernüchternden Stimmung des Bildes übereinstimmen, mal aber auch unbeschwerlich oder beschwingt, etwa, wenn nicht die erfolglosen Jäger ein Gespräch führen, sondern die fröhlichen Kinder auf dem gefrorenen Weiher Eislaufen oder die Kinder der imaginären Grafenfamilie auf der Burg ihren Tag genießen können.
Parallel zum Inhalt der Dialoge, die immer auch einen Link zu anderen Bildelementen aufweisen, gilt es, sich auch mit der Geräuschkulisse des Bildes auseinanderzusetzen und sich vorzustellen, was man hört – und das, was man hören könnte, soll dann als Hintergrundgeräusch ins Hörspiel einfließen. So wird aus zerknülltem Papier, das auf den Tisch gedrückt wird, das Schneestapfen der Jäger, aus dem Rascheln einer Plastiktüte wird das Prasseln des Feuers und die über Tische gezogenen Geodreiecke wird das Schlittschuhlaufen der Kinder auf dem Eis.
Nach zwei Reflexionsschleifen vor der Klasse mit Verbesserungsvorschlägen geht es ans Eingemachte. Die Texte müssen sitzen. Auswendiglernen steht gar nicht an, aber das flüssige und vor allem das betonte Vorlesen muss sitzen. Der große Moment kommt dann eine Woche späte im Podcast-Tonstudio des HeussLab. Mucksmäuschenstill ist die Klasse, als jede Gruppe die Texte in die die Mikrofine einspricht samt Hintergrundgeräusche, die parallel zum Text gemacht werden müssen. Gar nicht so einfach!
Am Ende, nach einer Postproduktion – die hat dann der Kunstlehrer gemacht – in der alle Texte verbunden und mit weiteren Hintergrundeffekten, wie z.B. Musik, und natürlich mit den Bildausschnitten zusammengefügt wurden, steht nun ein etwa zehnminütiges Hörspiel zur Verfügung, das wegen der Bildszenen als Video umgesetzt wurde. Die Schülerinnen und Schüler der 5a können stolz auf sich sein! Das Video kann man sich übrigens anschauen. Über die Schul-Homepage wird man auf den Kanal des HeussLab, des Makerspace der THRS, geleitet.